Schon zu meiner Bewerbungsmappe für den Studiengang Freie Malerei an der ehemaligen Hochschule der Künste (heute UdK) gehörten Stiefmütterchen in allen Variationen. Das war nicht üblich, aber in meinem Fall auch nicht hinderlich. Dokumentiert wurden diese Bilder leider nie. Sie waren mir schon ein bischen peinlich – meine »Blümchenbilder«. So etwas war scheinbar nicht malenswert. Ich malte sie trotzdem, weil sie mich in das ihnen innewohnende Geheimnis hinein zogen.
Was ich damals nicht wusste: die Malerei von Künstlerinnen war über Jahrhunderte auf das Malen von Blumenbilder, Stilleben und Kinderportraits reduziert, die sogenannten anspruchsvollen Themen waren der Männerwelt vorbehalten. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde diese Einengung in der Plain Air Malerei durch die Landschaft erweitert. Im 20. Jahrhundert waren Frauen, zumindest offiziell, gleichberechtigt in der Kunstwelt angekommen, da hatten Blümchen nur in Ausnahmefällen einen Platz; ich vermute, Frau hielt sich von ihnen fern, um nicht alte Klischees zu bedienen, die ja zu meiner Studienzeit immer noch unüberhörbar nachwirkten.
Aus dem Kopf gingen mir die Blumen nie. Ich fand sie dann in viel beachteten Ausstellungen z. B. über islamische Gärten wieder; in Publikationen über das Blumenbild in der Bildenden Kunst u. a. bei Maria Sibylla Merian und besonders im Werk der Amerikanerin Georgia O’Keeffe. Letztere machte mir Mut, die Sammlungen Blütenmaere und Traumblüten anzulegen.
Heute gehört die Auseinandersetzung mit bedrohter, gefährdeter Natur mit Recht zu Dokumenta und Berlinale. Ich kehre zu meinen Anfängen zurück − inzwischen digital. Eine Blumenwiese entführt in eine andere Welt. Mit der Kamera kann ich quasi in eine Blüte hineinkriechen und mittels Bildbearbeitung lassen sich die dort verborgenen Geschichten sichtbar machen. Da verstecken sich dann manchmal hinter verschwenderischer Farben- und Formenpracht »Blumen des Bösen« − gefährlich schön.
Blütenmaere – Jahr für Jahr erzählt eine Blüte ihre Geschichte für die Weihnachtsausstellung
der Stiftung Starke im Löwenpalais, Berlin.
Meine Blütenträume entstanden für »12 Monate – 12 Originale« in einer 130er Auflage als pigment prints mit 10 Farben auf Büttenpapier . 48,3 x 32,9 cm
BLÜTENTRÄUME III Versunken in Blütenwelten, lässt Denken sich träumend erinnern: im Wiesen-Universum warten leicht übersehbar Schätze auf vorbei eilende Augen. Ein Sommer-Sonnengelb, leuchtend erstrahlt, auf dem Weg der Vergänglichkeit. Zerbrechliche Glockenblumen, in blautönenden Klängen sich wiegend. Eine kleine Auszeit von profan Alltäglichem zog vorbei… Helga Ntephe, 2017
BLÜTENTRÄUME IV Ritterstern - glutrot leuchtend in Winternächten. Reisende aus dem Süden Afrikas, Bewohnerin Südamerikas. Bewundert in Gärten und Herbarien vergangener Zeiten. Amaryllis Belladonna, Hippeastrum Reginae. Noch in verblühendem Sterben, sich langsam auflösend, ein exotisches Wesen in letzter Verwandlung. Gleich einem Engel schwebst du davon. Verhüllt in kostbarem Brokat golden, geheimnisvoll, eine Schönheit des Morbiden. Helga Ntephe, 2018
Erinnerung an einen kleinen Garten . 2008−2015
und manchmal kommt ein Schaf vorbei…